Drittes Todesopfer bei Protesten in Ecuador

Seit Ende September halten Proteste und Streiks in Ecuador an – trotz Anzeige wegen Terrorismusverdacht, Ausnahmezustand in mehreren Provinzen und Einsatz der Armee.

Menschenrechtsorganisationen zeigen sich besorgt über das Vorgehen der Sicherheitskräfte, es gibt viele Verletzte, Verhaftungen und bisher drei Tote.

„Während die Regierung von Daniel Noboa die Territorien militarisiert, reagieren die Gemeinschaften mit Kunst, Musik und Würde.“
(CONAIE am 19.Oktober auf Facebook)

Seit Ende September laufen von der Indigenen-Organisation Conaie angeführte Proteste gegen Maßnahmen der Regierung von Daniel Noboa. Conaie rieft zu einem landesweiten und unbefristeten Generalstreik auf. Wie der Präsident der Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador Marlon Vargas erklärte, richten sich die Proteste gegen jahrelange Vernachlässigung, Armut und Ungleichheit. Auslöser der Proteste und Streiks war die Streichung von Subventionen auf Diesel und andere vor allem für die ärmere Bevölkerung alltäglich wichtige Produkte, der Dieselpreis stieg daraufhin Ende September um mehr als 50%.

Die Regierung von Moreno hatte mit dem gleichen Vorgehen 2019 die stärksten Proteste der letzten Jahrzehnte hervorgerufen und schlussendlich die Streichungen zurückgenommen.

Es ist nicht vergleichbar mit der Situation in Europa, da alle Güter und alle Transporte sich direkt drastisch über den steigenden Ölpreis verteuern und viele Menschen in Ecuador keine Absicherungen oder wirtschaftlichen Puffer haben, sondern sich durch Preissteigerungen direkt keine Grundnahrungsmittel mehr leisten können.

Die CONAIE (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador) ist der Dachverband der indigenen Gruppen Ecuadors, der diese bezüglich ihrer historischen Forderungen und Ansprüche auf politischer, wirtschaftlicher und soziokultureller Ebene vertritt. Vertreter*innen der CONAIE sind über die Partei Pachakutik auch im ecuadorianischen Parlament.

Die Regierung des Unternehmers Noboa ging wie immer seit Beginn seiner Amtszeit direkt eskalativ gegen die Proteste vor. Bei einem Besuch einer Baustelle wurde das Auto des Präsidenten am 8.Oktober mit Steinen angegriffen, laut CONAIE habe Noboa den Zwischenfall selbst eingefädelt um seine „Kriegspolitik“ besser rechtfertigen zu können. Die Fraktionsvorsitzende der regierenden Acción Democrática Nacional (ADN), hatte Anfang Oktober Strafanzeige wegen Terrorismusverdacht gegen den Führer der CONAIE, Marlon Vargas eingereicht.

Das Militär löste immer wieder Straßenblockaden auf, teilweise mit bis zu 1000 Uniformierten und Tagelangen Auseinandersetzungen in den ländlichen Regionen, durch die die Panamerikana als wichtigste Straße des Landes führt, welche von der Bevölkerung blockiert wurde. Ende September wurde Efraín Fuertes, ein örtlicher Indigenenvertreter, bei Protesten in der Provinz Imbabura im Norden des Landes getötet.

Laut Berichten der ecuadorianischen Allianz der Menschenrechtsorganisationen wurden bisher fast 300 Menschen verletzt. Darüber hinaus gibt die Organisation die Zahl der Verhaftungen mit 205 an. Das Innenministerium selbst sprach am Freitag (17.10.) hingegen nur von 137 Verhaftungen. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte bei der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zeigte sich angesichts der Berichte über exzessive Gewaltanwendung auf X besorgt und forderte die Regierung nachdrücklich auf, diese Vorfälle zu untersuchen, zu verurteilen und zu bestrafen.

Es gab bereits drei Tote durch Polizeigewalt. Dem 30-jährigen Kichwa-Gemeindemitglied José Guamán Izama war zuletzt am vergangenen Dienstag (14.10.) bei einer Demonstration in Otavalo von Sicherheitskräften in die Brust geschossen worden. Er erlag einen Tag später in Quito seinen Verletzungen.

Wandbild: In Erinnerung an unseren Bruder José Guamán Izama, Sohn der Gemeinde Cachiviro und des tausendjährigen Pueblo der Kichwa Otavalo.

Die CONAI schreibt zu dem Wandbild: „In Erinnerung an unseren Bruder José Guamán Izama, Sohn der Gemeinde Cachiviro und des tausendjährigen Pueblo der Kichwa Otavalo.“

Neben der Rückkehr der Dieselsubventionen und einer Senkung der Mehrwertsteuer ist die Ablehnung der verfassungsgebenden Versammlung seit Beginn der Proteste eine zentrale Forderung der Conaie. Mit dieser will Noboa Verfassungsänderungen durchsetzen und spricht von einer „neuen Republik“. Der IWF (internationale Währungsfond) fordert die Maßnahmen der Regierung Noboa ein und ist daher ebenfalls in den Konflikt verwickelt.

Die 2008 unter Präsident Rafael Correa in Kraft getretene Verfassung gilt als progressiv. So war Ecuador das erste Land weltweit, das der Natur verfassungsmäßige Rechte einräumte. Für Noboa stellt die aktuelle Verfassung ein Hindernis bei der Umsetzung seiner Ziele für die nationale Sicherheit und Wirtschaftspolitik dar. Dazu gehört unter anderem der Bau einer US-Militärbasis sowie weiterer Wohn- und Hotelgebäude auf den Galapagosinseln. Darüber hinaus strebt der Präsident eine Reform des Verfassungsgerichts an, um dessen Rechte zu beschneiden. Zuletzt hatte das Gericht mehrfach Vorhaben des Präsidenten wegen Verfassungsverstößen gestoppt, darunter die im August verabschiedeten Sicherheitsgesetze.

In Hamburg fand am 12.Oktober, dem Tag des indigenen Widerstandes, eine Kundgebung statt, auf der sich auch mit dem Streik und Protest in Ecuador solidarisiert wurde:

Desde Hamburgo Alemania nos solidarizamos con el paro nacional en Ecuador . Alertamos a la comunidad internacional del estado de terror que esta imponiendo #Noboa . Más de 10 mil fuerzas represivas del estado están desplegados por Quito . Responsabilizamos al gobierno de Noboa de las consecuencias que puede dejar el uso excesivo o de la fuerza pública . #VivalaResistencia #fueranoboafuera‼️ #FueraFMIdeEcuador

siehe auch: https://www.instagram.com/hamburgo_mujeresenmovimiento/

Quellen

Text teilweise übernommen aus: https://amerika21.de/2025/10/277437/weitere-tote-generalstreik-ecuador
weitere Informationen https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/indigeneproteste_undrepression/

und https://www.labournet.de/internationales/ecuador/gewerkschaften-ecuador/streiks-und-proteste-am-11-8-21-gegen-die-regierung-in-ecuador-v-a-gegen-aufhebung-der-preisbindungen-fuer-wichtige-produkte/

https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/indigene-gemeinschaften-einigen-sich-mit-der-regierung/

#JusticiaParaJosé #Otavalo #ParoNacional2025 #CONAIE #Ecuador #VivalaResistencia #fueranoboafuera #FueraFMIdeEcuador

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