Erneute bewaffnete Angriffe auf drei zapatistische autonome Gemeinden

(Quelle: https://www.ya-basta-netz.org/erneute-bewaffnete-angriffe-auf-drei-zapatistische-autonome-gemeinden/)

22. Juni 2023

Die Gesundheit von Jorge López Sántiz, Mitglied der zapatistischen Unterstützungsbasis ist weiterhin in Gefahr.

Vom 19. bis 22. Juni 2023 haben Mitglieder der Organisation der Kaffeeanbauer von Ocosingo (ORCAO) eine Reihe von Angriffen gestartet, die drei zapatistische Gemeinden in Gefahr bringen: Emiliano Zapata, San Isidro und Moisés y Gandhi. Diese sind Teil der zapatistischen autonomen Region Moisés y Gandhi und befinden sich im (offiziellen) Landkreis von Ocosingo, Chiapas. Die Angriffe reichen vom Niederbrennen von Land bis hin zu bewaffneten Angriffen, welche bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Urgent Action weiterhin anhalten.

Seit dem 19. Juni 2023 gegen 14:00 Uhr schoss die bewaffnete Gruppe von San Felipe und San Antonio Las Flores aus, wobei mindestens 67 mal großkalibrige und 13 mal kleinkalibrige Schusswaffen verwendet wurden. Ebenso wurden Landflächen niedergebrannt, die von Familien der EZLN bearbeitet werden.

Stellungnahme des Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de Las Casas:

Der Präsident der Republik lügt und befördert die Gewalt in Chiapas

Die Bundesregierung macht sich mitschuldig an der Gewalt in dem Bundesstaat und an den Übergriffen auf die Pueblos und Gemeinschaften.

Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas (Frayba) bringt seine Besorgnis und sein Bedauern über die Diffamierung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechtsorganisationen in Chiapas zum Ausdruck, die Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) heute in seiner morgendlichen Konferenz zum Ausdruck gebracht hat. Dies untergräbt unsere Arbeit inmitten einer tiefgreifenden Gewalt, die sich in den letzten Jahren im Bundesstaat verschlimmert hat und weiter zunimmt. Die Gewalt hat sich als strukturelles Element in den Territorien der Pueblos des Hochlandes und der Küste konsolidiert. Die gravierende Gewalt an der Südgrenze, im Norden und im Regenwald des Bundesstaates, hat Auswirkungen auf die Pueblos, von denen viele indigene und historische Gemeinschaften sind. Diese organisieren sich friedlich und in Opposition zur Politik des mexikanischen Staates inmitten einer Diversifizierung und Undurchschaubarkeit der bewaffneten Gruppen, der organisierten Kriminalität und der Nachfolger des Paramilitarismus, die Gewalt zur sozialen, politischen, wirtschaftlichen und territorialen Kontrolle einsetzen, geprägt von der Kontinuität der allgemeinen Gewalt und einer Strategie der Aufstandsbekämpfung.

Die Leugnung dieser Gewalt seitens AMLO vertieft die Straflosigkeit, die von kommunalen, staatlichen und föderalen Akteuren gefördert wird. Diese tragen zu Enteignung, Ausbeutung und sozialer Marginalisierung bei, verschärfen die Menschenrechtskrise, in der wir uns befinden, und fördern insbesondere systematische Angriffe gegen das politische Autonomieprojekt der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN). Die Angriffe werden von bewaffneten korporativen Gruppen angeführt, die von 2019 bis heute mehr als 110 bewaffnete Angriffe auf Gemeinden der zapatistischen Region „Moisés und Gandhi“ verübt haben. Diese Region gehört zum Rat der Guten Regierung „Neue Morgendämmerung im Widerstand und Rebellion für das Leben und die Menschlichkeit“, Caracol 10 „Die rebellische Saat gedeiht“, Zone „Patria Nueva“, innerhalb des offiziellen Landkreises von Ocosingo, Chiapas, Mexiko.

Zu diesen Angriffen gehörten das Niederbrennen von Schulen und Kaffeelagern, bewaffnete Angriffe, Folter, Entführungen und schwere Verletzungen durch Schusswaffen,
die von den zapatistischen Völkern angeprangert und vom Frayba dokumentiert wurden. Darüber hinaus wurde bei den Regierungsbehörden des Bundesstaates und der Bundesregierung interveniert, die wir nachdrücklich aufgefordert haben, das Leben und die physische und psychische Unversehrtheit der Pueblos und Gemeinschaften, die zur Region Moses und Gandhi gehören, zu respektieren und zu garantieren. Die Regierungen blieben untätig, während die bewaffnete Gruppe völlig ungestraft agierte und ihre Aggressionen angesichts des bedrohlichen Schweigens der mexikanischen Regierungsinstitutionen fortsetzt.

Hinzu kommt, dass die Mitglieder dieser bewaffneten korporatistischen Gruppen Teil der Regierungsstruktur des Landkreises Ocosingo für die Grüne Ökologische Partei Mexikos sind und Mittel aus Sozialprogrammen wie Sembrando Vida beziehen. Deren Implementierung im Territorium von Chiapas hat zu Konflikten und Spannungen geführt. Diejenigen, die für die Kontrolle auf der Grundlage des Rechts auf Autonomie und Selbstbestimmung kämpfen, stehen denen gegenüber, die den Zugang zu Landressourcen auf der Grundlage staatlicher Kontrolle und territorialer Neuordnung mit einer Bewirtschaftung des Landes anstreben, die den Bedürfnissen der ursprünglichen Pueblos fremd ist.

Wir erinnern die mexikanische Regierung daran, dass wir uns in Chiapas inmitten eines ungelösten politisch-militärischen Konflikts befinden und dass die Achtung der Ländereien und Territorien der Pueblos nach wie vor auf sich warten lässt. Diese Pueblos werden weiterhin unsichtbar gemacht, gleichermassen im Hinblick auf die Rechte, die in internationalen Verträgen und Erklärungen verankert sind, als auch in Bezug auf die Rechte, wie sie in den Vereinbarungen von San Andrés vertraglich vereinbart wurden, deshalb bestehen die Ursachen, die zum Aufstand der EZLN geführt haben, weiterhin fort.

(spanisches Orginal der Stellungnahme: https://frayba.org.mx/el-presidente-de-la-republica-en-su-mananera-miente-y-encubre-la-violencia-en-chiapas)

Am 21. Juni 2023 begannen die Angriffe der ORCAO um 12:50 Uhr, um 18:50 Uhr hatten sich diese auf mindestens 716 Schüsse aus verschiedenen Kalibern summiert. Die zapatistischen Gemeinden von Emiliano Zapata, San Isidro und Moisés y Gandhi wurden gleichzeitig angegriffen. In Moisés y Gandhi brannten sie das Grundstück neben der Autonomen Sekundarschule nieder, dieses befindet sich nur 50 Meter von Häusern der zapatistischen Familien entfernt.

Bei Veröffentlichung dieser Urgent Action – bis zum 22. Juni 2023 – wurden 25 Schüsse aus großkalibrigen Waffen und 20 Schüsse aus kleinkalibrige Waffen gezählt – laut dokumentierter Informationen durch den Rat der Guten Regierung Neue Morgendämmerung in Widerstand und Rebellion für das Leben und die Menschheit, im Caracol 10 Die rebellischen Saatkörner zum Erblühen bringen, mit Sitz in Patria Nueva (offizieller Landkreis Ocosingo), Chiapas.

Heute ist der Angriff einen Monat her, bei dem das Mitglied der zapatistischen Unterstützungsbasis, Jorge López Sántiz, verletzt wurde. Er befindet sich weiterhin in einem heiklen Gesundheitszustand und benötigt eine spezialisierte Behandlung, um seinen Genesungsprozess fortsetzen zu können.

Was den Gesundheitszustand des Mitglieds der zapatistischen Unterstützungsbasis betrifft, so verließ Jorge López Sántiz am 5. Juni 2023 das Krankenhaus Gómez Maza, nachdem er dort 10 Tage auf der Intensivstation und weitere 4 Tage verbracht hatte. Bei seiner Entlassung hatte er immer noch eine Infektion, die vom dortigen medizinischen Personal zuvor nicht bemerkt wurde, sowie eine offene Wunde. Die Nachfolgen sind schwerwiegend, da die Funktion seines Darms betroffen war. Sein Genesungsprozess ist langsam, da die Komplikationen, die sich aus der Operation ergaben, eine spezialisierte Behandlung für eine adäquate Wundheilung benötigen, sowie eine Behandlung mit Antibiotika und Schmerzmittel.

Als Red Nacional de Organismos Civiles de Derechos Humanos “Todos los Derechos para Todas y Todos” (Mexikoweites Netzwerk ziviler Menschenrechtsorganisationen “Alle Rechte für Alle”) werden wir weiterhin die Übergriffe auf die Gemeinschaften dokumentieren, welche ihr Recht auf Autonomie und freie Selbstbestimmung als Pueblos originarios ausüben – und indem wir die Komplizenschaft des mexikanischen Staates öffentlich anzeigen.

Angesichts dessen fordern wir dringend:

• Gewährleistung des Lebens, der Sicherheit und der physischen und psychischen Unversehrtheit der Familien der zapatistischen Unterstützungsbasen in der Region Moisés y Gandhi.

• Fortsetzung der umfassenden und qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung von Jorge López Sántiz, um sein Leben und seine körperliche und psychische Unversehrtheit zu bewahren.
• Untersuchung und Klärung der Verantwortlichkeiten für die kriminellen Taten des versuchten Mordes und der bewaffneten Angriffe auf die Bewohner*innen der Gemeinden, die Teil der (zapatistischen autonomen) Region Moisés y Gandhi bilden.

• Sofortige Einstellung der bewaffneten Angriffe auf die Unterstützungsbasen der EZLN.

Hintergrund:
Am 23. Mai 2023 präsentierten wir die Urgent Action 009, in der wir die Behörden um sofortiges Eingreifen und um ein Ende der Gewalt gegen die autonomen zapatistischen Gemeinden aufordern.

Im Mai 2022 veröffentlichten wir die Urgent Action 002-2022, in der verschiedene Gewalttaten in der Gemeinde Moisés y Gandhi dokumentiert werden, sowie die Zunahme bewaffneter Angriffe, Erntediebstähle, Zerstörung von Gütern und gewaltsame Vertreibung – basierend auf Zeugenaussagen von Bewohner*innen der Region.

Bitte richtet Eure dringenden Appelle an:

Lic. Andrés Manuel López Obrador.

Presidente Constitucional de México

Residencia Oficial de los Pinos. Casa Miguel Alemán. Col. San Miguel Chapultepec, C.P.

11850 Ciudad de México.

Fax: (+52) 55 5093 4901. Twitter: @lopezobrador_

Lic. Luisa María Alcalde

Secretaria de Gobernación de México

Bucareli 99, 1er. piso. Col. Juárez. Delegación Cuauhtémoc, C.P. 06600 Ciudad de

México.

Fax: (+52) 55 5093 34 14; Twitter: @M_OlgaSCordero

Correo: secretario[ät]segob[.]gob[.]mx

Lic. Alejandro Gertz Manero

Fiscal General de la República

Avenida Insurgentes, Número 20 de la Glorieta de Insurgentes, Col. Roma Norte, Ciudad

de México. C.P. 06700

Twitter: @FGRMexico

Correo: ofproc[ät]pgr[.]gob[.]mx

Lic. Alejandro Encinas Rodríguez

Subsecretaria de Derechos Humanos, Migración y Población

Twitter: @A_Encinas_R

ajencinas[ät]segob[.]gob[.]mx

contacto@alejandroencinas.m

Lic. Rosario Piedra Ibarra

Presidenta de la Comisión Nacional de Derechos Humanos

Edificio “Héctor Fix Zamudio”, Blvd. Adolfo López Mateos 1922, 6°piso. Col. Tlacopac San

Ángel. Delegación Álvaro Obregón. C.P.

01040; Ciudad de México.

Fax: (+52) 0155 36 68 07 67. Twitter: @CNDH

Correo: presidencia.cndh[ät]cndh[.]org[.]mx

Lic. Rutilio Escandón Cadenas

Gobernador Constitucional del Estado de Chiapas

Palacio de Gobierno del Estado de Chiapas, 1er Piso Av. Central y Primera Oriente,

Colonia Centro, C.P. 29009. Tuxtla Gutiérrez, Chiapas, México

Fax: +52 961 61 88088 – + 52 961 6188056; Extensión 21120. 21122;

Twitter: @JuntoscnRutilio

Correo: secparticular[ät]chiapas[.]gob[.]mx

Lic. Victoria Cecilia Flores Pérez

Secretario General de Gobierno en Chiapas

Palacio De Gobierno, 2o. Piso, Centro C.P. 29000 Tuxtla Gutiérrez, Chiapas.

Conmutador: (961) 61 8 74 60 Ext. 20003

Correo: secretariaparticular.sgg[ät]gmail[.]com

Lic. Olaf Gomez Hernandez

Fiscal General del Estado de Chiapas

Libramiento Norte y Rosa del Oriente número 2010 colonia El Bosque, Tuxtla Gutiérrez,

Chiapas, C.P. 29049

Conmutador: (961) 61-72-300, Ext. 17258

Twitter: @FGEChiapas

correo: staff_secretarial[ät]fge[.]chiapas[.]gob[.]mx

Lic. Juan José Zepeda Bermúdez

Presidente de la Comisión Estatal de Derechos Humanos

Teléfono: 01 (967) 67 465 94 Fax: 01 (967) 67 465 94

Fax: (961) 60 2 57 84 Correo: presidencia[ät]cedh-chiapas[.]org

Unterschreibt die Urgent Action hier:

Nuevos ataques armados en 3 comunidades autónomas zapatistas de la Región Moisés y Gandhi

Weitere Quelle:

http://www.congresonacionalindigena.org/2023/06/22/nuevos-ataques-armados-en-tres-comunidades-autonomas-zapatistas-de-la-region-moises-y-gandhi/